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Liebe Archivarin,

Ich verbringe viel Zeit mit der Kunst.

 Du auch.

Ich arbeite mit der Gegenwart.

 Du mit Zeugen der Vergangenheit für die Zukunft.

Ich zweifle.

 Du würdigst.

Ich erschaffe.

 Du erhältst.

Ich bin schlampig mit meinem Material.

 Du bedacht.

Ich werfe aus, weg, herum.

 Du sammelst alles auf, kümmerst Dich darum.

Ich höre beim Arbeiten Musik. Oft laut.

 Und du? Arbeitest Du in völliger Stille?

Ich bin oft wütend und unzufrieden.

 Bist Du ausgeglichen?

Ich weiß die Kunst nicht zu schätzen.

 Du schätzt sie offensichtlich sehr.

Ich bin kritisch.

 Traust Du Dich Kritik?

Ich (zer-)störe.

 Du (be-)schützt.

Höchste Konzentration.

 Bei mir und bei Dir.

Bin ich avantgardistisch?

 Bist Du konservativ?

Ich zweifle.

 Bedeutest Du das Ende des Zweifels?

Ich bringe Schweiß und Launen zu Papier.

Du konservierst mit weißen Handschuhen.

Mein armes und schmutziges Atelier, mein Leben.

 Deine teure und saubere Lagerstätte, mein Grab.

Was ist schon gute Kunst? Ihr Wert? Für mich?

 In Deinen Händen ist sie anerkannt, gut und wertvoll. Für Dich?

Ich bin einsam mit meiner Kunst.

 Wenn meine Kunst bei Dir ist, bin ich nicht mehr.

In der Kunst bin ich frei. Werfe und spanne Netze um die Welt in meiner Welt.

 Bin ich Kunst, in Deiner Welt…bin ich dann selbst ins Netz gegangen?

Die Kunst, ein stetiger Kampf.

 Bedeutest Du den ewigen Frieden?

Meine Gefühle bei der Arbeit.

 Spürst Du Sie noch bei Deiner Arbeit?

Ich öffne mich.

 Du verschließt mich.

Ich bin Zerstreuung in Person. Stetige Unruhe.

 Du sortierst, archivierst, hältst zusammen. In völliger Ruhe.

Jetzt bin ich Person, Mensch. Denkend. Schreibend. Schaffend.

 Bei Dir bin ich Geschichte. Objekt. Ding. Kunst.

Die Künstlerin.

2014

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